Hemmoorer Geschichte Ziegeleien in Hemmoor

Ziegelei in Basbeck



Ziegelei am Ziegelkamp

Am 19.Oktober 1901 hatten die Familien Witt und Bartels aus den Orten Cranz und Neuenfelde an der Süderelbe in Nindorf bei Lamstedt mitten in der „Wildnis“ ein großes Dachziegelwerk aufgebaut und von dort aus über eine Anlegestelle an der Oste mit Schuten auch Ton nach Neuenfelde gefahren, wo bereits seit 1881 eine eigene Ziegelei betrieben wurde.

In Basbeck gab es seit 1913 eine „Tonlager Ziegelkamp Verwertungsgesellschaft mbH“, die auf dem Ziegelkamp ein zusammenhängendes Gelände von rund 13 Hektar Land erworben und durch Tiefenbohrungen eine größere Tonlagerstätte erkundet hatte. Durch wöchentliche Fahrten nach Lamstedt war Nikolaus Witt mit den Gesellschaftern der Fa. Tonlager Ziegelkamp in Kontakt gekommen und übernahm durch Notarvertrag vom 25. Februar 1922 von dieser Gesellschaft für die „Nindorf-Lamstedter Geest-Thonwerke Bartels, Witt & Co.“ das Gelände auf dem Ziegelkamp in Basbeck. Als Kaufpreis wurde die Lieferung von 200.000 Dachziegeln vereinbart.

Am 6. Juli 1922 wurde daraufhin die Firma „Basbecker Thonwerke Aktiengesellschaft“ mit Sitz in Basbeck, Kreis Neuhaus an der Oste, mit einem Grundkapital von 60.000 Goldmark gegründet. Zu den neun Gründungsgesellschaftern gehörten Nikolaus Witt, Jonny Witt, der die Ziegelei in Nindorf leitete sowie Ing. Albert Witt, der die Leitung in Basbeck übernahm.

Im Frühjahr 1922 war die Ziegelei der Hagenah`schen Erben in Gauensiek / Drochtersen bei einem Sturm sehr stark beschädigt worden und sollte nicht mehr weiter betrieben werden. Am 9. Juli 1922 erhielt Nikolaus Witt zusammen mit den Herren Bartels von der Nindorfer Gesellschaft vom Auktionator Hohenstein den Zuschlag auf Abbruch der Ziegelei zu dem schon sehr inflationären Preis von 1.563280 Mark. Der Abbau der Anlagen begann am 13. Juni 1922 und wurde mit dem Abbruch der letzten Fundamente am 24. Juli 1923 beendet.
Die Arbeiten wurden ohne Maschinenhilfe mit zeitweilig 17 Arbeitern in Handarbeit durchgeführt. Besonders sorgfältig  war der Ringofen abgetragen worden, um dabei vor allem die Gewölbesteine für den Wiederaufbau in Basbeck zu sichern. Der Transport nach Basbeck erfolgte durch Pferdegespanne und per Schiff. Insgesamt wurden 278 Wagen- und 21 Schiffsladungen transportiert.

Am 9. August 1922 wurde mit den Erd- und Planierungsarbeiten in Basbeck begonnen. Mit dem Aufbau der Ziegelei konnte nach der Genehmigung der Planungen und statischen Berechnungen am 9. Oktober 1922 angefangen und wegen des milden Winters durchgearbeitet werden. Schon im Sommer 1923 wurde die Produktion von Mauersteinen aufgenommen und 1924 die Herstellung von Dachziegeln.

1927 war ein Höhepunkt mit 1.760.000 Mauersteinen und 780.000 Dachziegeln erreicht. Der Aufbau der Werksanlagen hatte sich mitten in der wirtschaftlich schwierigen Inflationszeit vollzogen. Als am 1. September 1923 bei der Landwirtschaftlichen Brandkasse die notwendigen Versicherungen abgeschlossen werden mussten, wurde für die Gebäude ein Wert von fünfundachtzigmilliardenfünfhundertneunzigmillionenneunhundertneunzigtausend Mark ermittelt.

 Am 1. Januar 1924 erfolgte nach dem Ende der Inflation die Umstellung der Bilanz auf ein Aktienkapital von 60.000 Goldmark.  

Der Abtransport der hergestellten Mauersteine und Dachziegel wurde überwiegend mit Pferdegespannen in die nähere Umgebung und mit Eisenbahnwaggons und gelegentlich auch mit Schiffen für größere Entfernungen durchgeführt. Für die Waggonverladung erhielt die Firma die Genehmigung, gegenüber dem Bahnhof-Osten ein eigenes Anschlussgleis herzustellen, welches am 1. Juli 1924 in Betrieb genommen werden konnte.

Der Ton für die Ziegelproduktion wurde über mehrere Jahre in einer Tongrube auf dem eigenen Firmengelände gewonnen. Die nach der Nutzung später geflutete Tongrube ist heute ein rundum bewachsener schöner kleiner See auf dem Ziegelkamp. Die Gewinnung des Tones erfolgte in schwerer Handarbeit, da es dafür damals noch keine Bagger gab. In Loren verladen wurde der Ton über einen langen Schienenstrang geschoben und dann mittels eines schweren Aufzuges ins Maschinenhaus gezogen und dort von einem sogenannten Kollergang zerknetet und mit etwas Sand vermischt in einem Maukkeller abgelagert und danach durch die Strangpressen zu Rohlingen verarbeitet. Nach der Lufttrocknung in langen Schuppen mussten die Mauer- und Deckensteine sowie Dachziegel auf Loren über ein verzweigtes Schienennetz zum Ringofen gefahren und dort sorgfältig aufgesetzt werden.

Durch eine Kohlenfeuerung mit einer Hitzeentwicklung von 800 -1000 Grad wurden die getrockneten Ziegel zu fertige Produkten gebrannt.

Zum Schutz gegen die noch sehr heißen Ziegel trugen die Männer bei der Arbeit zugeschnittene Lederstücke an den Händen. In Loren wurden die gebrannten Ziegel auf den Hof vor dem Ringofen gefahren und in großen Stapeln sortiert und abgezählt aufgestellt. Der Ziegelbruch wurde in den Anfangsjahren für Wegeausbesserungen verkauft. Anfang der 30er Jahre wurde eine Kugelmühle aufgebaut, in der der Ziegelbruch zu feinem und grobkörnigem Ziegelmehl verarbeitet und mit einer bestimmten Menge Lehm vermischt wurde. Das Ziegelmehl wurde in Säcke abgefüllt und trug den Namen „NIHAKA“. Der Name konnte später beim Deutschen Patentamt in München angemeldet und eingetragen werden. Das Ziegelmehl fand bei der Herstellung von Tennisplätzen im ganzen norddeutschen Raum bis ins Rheinland hervorragenden Absatz.

Die Männer mussten in den „goldenen zwanziger Jahren“ von montags bis freitags täglich 10 Stunden arbeiten und sonnabends 8 Stunden für etwa 70 Pfennig Stundenlohn. Die Brenner auf dem Ofen waren von montags bis sonntags in Wechselschicht täglich 12 Stunden tätig. Überstundenzuschläge und Schmutzzulagen kannte man damals noch nicht. Am Jahresende gab es ein kleines Weihnachtsgeld, welches sich nach dem Betriebsergebnis richtete und den knapp 50 Mitarbeitern mit einem persönlichen Handschlag als Dank für die geleistete Arbeit überreicht wurde. Es gab zunächst wöchentliche und später alle 14 Tage Lohnabrechnungen mit einem Abschlag nach einer Woche.

Der Ziegeleibetrieb hatte sich nach 1933 mit der Belebung der Baukonjunktur sehr erfreulich entwickelt, sodass Schritt für Schritt an eine Ausweitung der Kapazität gedacht werden konnte. Dies sollte vor allem durch eine kontinuierliche Produktion auch in den Wintermonaten erreicht werden. So wurde noch in den Kriegsjahren 1939 und 1940 die Errichtung einer Großraumtrocknerei über den Ringofen durchgeführt. In dem massiven 53 m langen und 22 m breiten Gebäude, welches den Ringofen, der bis dahin nur mit einer losen auf Holzpfählen ruhende Bedachung versehen war, umschloss, konnte die Strahlwärme des Ringofen voll zur Trocknung der Dachpfannenrohlinge ausgenutzt werden. Die Beschickung der dreistöckigen Großraumtrocknerei erfolgte durch einen 410 m langen Ringtransporteur, mit dem sowohl die Rohlinge von der Presse zu den Trockengerüsten als auch die getrockneten Ziegel zum Ringofen transportiert werden konnten.

1941 musste der Betrieb kriegsbedingt eingestellt werden und konnte erst nach dem Krieg wieder aufgenommen werden, wobei die Zuteilung und Anlieferung der notwendigen Kohle für den Ziegelbrand oft große Schwierigkeiten verursachte. In den ersten Jahren nach dem Krieg wurde zusätzlich eine kleine Töpferei betrieben, sodass die Mitarbeiter Töpferwaren als wertvolle Tauschartikel erhalten konnten.

In den 60er Jahren verschlechterte sich die Lage der Ziegelindustrie dramatisch, weil mit der Entwicklung des Zementziegels ein wesentlich kostengünstigeres Konkurrenzprodukt den Markt eroberte. Der Betrieb wurde 1968 stillgelegt und ein Teil der Anlagen an die Norddeutschen Mischwerke verpachtet, die Straßenbelag herstellten. Wegen der in der Anfangsphase unvermeidlichen Umweltbelastung musste der Betrieb jedoch schon 1972 wieder eingestellt werden.

Das Gelände auf dem Ziegelkamp wurde in Wohn- und Gewerbegebiete umgewidmet und in den Folgejahren veräußert. Die Otto Peschel – Straße läuft mitten durch das ehemalige Ziegeleigelände.

Außer der ehemaligen Ziegelei Witt gab es am Lauf der Oste in Basbeck noch 5, in Warstade 6 und in Hemm 3 Ziegeleien auf Grund des Brandes in Hamburg im Jahr 1842

Quelle: Chronik  750 Jahre Basbeck von 2000, Seite 116 – 122 (gekürzt), von Dr. Harald Witt

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