Störfischerei
- Geschrieben von Heino Grantz
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Die Störfischerei in der Oste bei Basbeck
Von Franz Elfers (aufgeschrieben ca. um 1930)
Es ist Tatsache, dass die Fischerei in unseren Flüssen und Binnengewässern in den letzten Jahrzehnten einen gewaltigen Rückgang zu verzeichnen hat.
Schuld an dieser zu beklagenden Tatsache ist vor allen Dingen die unerhörte Raubfischerei der Menschen, die gerade die großen laichenden Fische fingen. Dazu kommt die Vernichtung der Lebensmöglichkeiten der Flussfische: Begradigung der Flüsse, dadurch das Fehlen der ruhigen Laichplätze, die Beschmutzung und Beunruhigung der Gewässer, Vernichtung des Laiches durch Schlick und Sand etc.
Noch vor weniger als 50 Jahren war die Störfischerei in der Oste bei Basbeck und Osten sehr lohnenswert und vor noch längerer Zeit so groß, dass das Störfleisch als Nahrungsmittel der Minderbemittelten galt, ja, dass Dienstboten beim Antritte ihres Dienstes abmachten, nicht öfter als einmal in der Woche Störfleisch zu erhalten; während heute Störfleisch ein Leckerbissen und sehr teuer ist.
Der Stör ist ein Wanderfisch, der von Mai bis August in unsere Flüsse kommt, um zu laichen. Ist die Sorge für seine Nachkommenschaft erledigt, verschwindet er wieder nach der See. Die Jungtiere bleiben längere Zeit an der Stätte ihrer Geburt, um etwa nach 2 Jahren ins Meer zu wandern. Sind sie hier geschlechtsreif geworden, so erwacht in ihnen der Wandertrieb und mit prallen Bäuchen wandern sie in den Flussläufen aufwärts, um einen geeigneten Laichplatz zu suchen.
Ein solcher befindet sich in der Sethlerhemmer Bucht der Oste bei Basbeck.
Viele Störe aber finden bei dieser Wanderung ihr Schicksal: ihren Tod durch den Fischer. Dann hat der Fischer gute Zeit. Jetzt zieht er Tag für Tag mit seinem Kahn hinaus und wirft seine großen und starken Netze quer zum Strom aus und lässt sie treiben. An dem einen Ende ist dasselbe am Kahne befestigt, an dem anderen Ende befindet sich ein Schwimmkörper, der Doppel. Die Netze müssen besonders stark sein, denn der erwachsene Stör besitzt in seiner großen Schnauze und seiner wuchtigen Schwanzflosse gewaltige Kraft.
Ist nun ein Stör ins Netz geraten, so lässt ihn der Fischer zappeln, um ihn zu ermüden oder betäubt ihn mit einem Schlage. Er will ihn lebendig abliefern, damit der kostbare Kaviar nicht leidet. Darum wird der Stör, wenn er ermattet ist, ans Boot gezogen, um seinen Kopf und Schwanz ein starkes Tau gelegt, auch wohl durch die Kiemen ein fester Knüppel gesteckt und an Tauen befestigt und wird so, wohl hinter dem Ewer schwimmend, nach Hamburg gebracht, um dort verarbeitet zu werden.
Oft habe ich freilich gesehen, dass der Stör, in Sackleinen gewickelt, mit der Bahn nach Hamburg versandt wurde.
In alten Zeiten hatte der Erzbischof von Bremen die Fischereigerechtigkeit in allen Strömen und Gewässern des Stiftes. So haben auch die Gutsherren von Basbeck (von Brobergen) und später die Besitznachfolger (von Bremer) die Fischereigerechtigkeit auf der Oste von den alten Zeiten bis auf weiteres in Anspruch genommen. Mehr als einmal machte von Bremer sein Recht geltend, das im Amte Osten von der Grenze bei Hemm bis nach Kleinwörden reichte.
Am Ende des vorigen Jahrhunderts haben die Gemeinden Warstade, Basbeck etc. langwierige Prozesse und Verhandlungen mit den Erben der „von Bremer“ geführt, die dahin führten, dass den Gemeinden um 1900 die Fischereigerechtigkeit auf der Oste zugesprochen wurde. Damals erhielt Basbeck die fischreichste Ecke, nämlich das mittlere Stück, wozu die Sethlerhemmer Bucht gehörte. Osten bekam das nördliche Stück bis zur Siethwende, und Großenwörden erhielt das Stück bis zum Kanal.
Seit dieser Zeit verpachtet jede Gemeinde ihre Fischereigerechtigkeit.
Nachtrag: Am 22.6.2016 berichtete Thomas Schult im Hadler Kurier über „Störfang in der Oste“. Ein Niendorfer Angler hatte – in unseren Tagen eine große Seltenheit – einen etwa 50 cm langen Stör an der Angel gehabt. Diese Art, vor etwa 80 Jahren in hiesigen Flüssen ausgestorben, ist nicht etwa von allein zurückgekehrt, sondern wurde ausgesetzt, insgesamt bisher etwa 20.000 Exemplare. Ob das Projekt zur Wiederansiedlung des Fischriesen führen kann, wird sich in etwa sechs bis sieben Jahren zeigen: Dann erst werden die ausgesetzten Ostestör-Weibchen geschlechtsreif sein und würden in ihren Heimatfluss zurückkehren.